Fremde Welten - Japan 2023
Ein Reisebericht

Nun sitze ich im Zug von Berlin nach München, voller Vorfreude auf die kommenden Wochen, die auf mich warten, nachdem mich der Flieger hoffentlich gesund und munter von München in die japanische Stadt Ōsaka gebracht hat. Und ich nehme Euch mit in diesem Reisebericht, der beide Fotokurse und Reisen, die ich in diesem Jahr zusammen mit meinem Kollegen Michael Reibert und den großartigen Teilnehmern absolviert habe, zusammen fassen wird.

Die Pandemie ist vorbei, ja das wage ich zu behaupten. Japan lässt nach fast drei Jahren (kurze Pausen ausgenommen) endlich wieder ausländische Touristen ins Land. Nach mehreren unvermeidlichen Kursstornierungen aufgrund der vergangenen Coronaproblematik können unsere geplanten Fotoworkshops letztendlich doch noch stattfinden.
Den kleinen bürokratischen Aufwand in Form einer mehrseitigen, digitalen Anmeldung und der intensiven Kontrolle aller notwendigen Impfzertifikate nehme ich für all die unbekannten und erhofften Eindrücke, die mit Sicherheit auf uns warten, gern in Kauf!

Die interessante, teils exotische Kulinarik. Zahlreiche beeindruckende Landschaften in Verbindung mit außergewöhnlichen Fotospots. Die japanische Höflichkeit und Struktur. Einfach Alles in diesem Land kann verzaubern, wenn wir uns nur darauf einlassen.
Im Kopf gehe ich zum x-ten Mal alle notwendigen Eckpunkte durch.
- Reiseroute: Check!
- Hotelbuchungen: Check!
- Mietwagen: Check!
- Teilnehmermotivation: Check!
Der erste Fotoworkshop in Japan steht in den Startlöchern. Es kann also losgehen und die Aufregung steigt.

Die ersten Gedanken und Eigenschaften, die Vielen zuallererst in den Kopf schießen, wenn sie diversen Erzählungen aus dem Land der aufgehenden Sonne lauschen, sind unkontrollierbare Menschenmassen, pausenlose Hektik, unentwegter Lärm, erdrückende Megacities und gigantische Hochhäuser. Ja, dies ist eine von vielen Seiten. Doch da gibt es noch das andere, unbekannte Japan, dessen ruhige und ausgeglichene Seite oft erst auf den zweiten Blick Beachtung genießen kann. Uns, also Freund/Kollege Michael Reibert und mich, zieht es mit Vorliebe in die Abgeschiedenheit und Stille. Ein Hauch Japanischer Harmonie ist eines der charakteristischen Merkmale, die meine Fotos bestimmen, bzw. bestimmen sollen. Zur Ruhe kommen ist das Stichwort in dieser hektischen, modernen Welt, die nur wenig Pausen zum Verschnaufen zulässt.

Wir reisen bereits zwei Tage früher an um ein paar potentielle Fotospots zu erkunden, für die wir uns immer wieder auf eine erneute Suche begeben müssen, da sie zwangsläufig im jährlichen Rhythmus variieren. Die Küste östlich von Ōsaka hält ein paar besondere fotografische Schmankerl parat. Eines meiner Lieblingsmotive, die filigranen und oftmals unscheinbar wirkenden Norifelder entlang der Küste, deren dort gezüchteten Algen mit Vorliebe um japanische Sushispezialitäten gewickelt werden und die sich zudem häufig in der klassischen Misosuppe finden lassen.

Diese riesigen Felder, die mich aufgrund ihres strukturierten Aufbaus zeitweise an die strikte Ordnung des Japanischen Wesens erinnern, in der aufgrund der Masse an Menschen das Verfolgen diverser Regeln und Umgangsformen essentiell für das Funktionieren dieser Gesellschaft ist, eignen sich mit Vorliebe als minimalistische Fotomotive. Der Teufel steckt im Detail, denn die Felder werden am Ende einer jeden Saison abgebaut um sie in der darauf folgenden Saison in einer anderen Bucht neu zu stecken, bzw. einen anderen Aufbau zu verwenden. Die Suche beginnt somit jedes Jahr auf´s Neue, was diese Fotomotive für mich zu etwas ganz Besonderem machen.

Müde aber glücklich über unsere Ankunft blicke ich auf einen anstrengenden, 15-stündigen Flug von München nach Ōsaka über Taipeh zurück. Die Japanischen Behörden haben die Pandemie zum Anlass genutzt die eher zeitaufwendige Einreise am Flughafen vor Corona zu vereinfachen und zu verkürzen. Online lassen sich mittlerweile alle erforderlichen Informationen und Dokumente samt Impfzertifikaten (nur kurzzeitig notwendig) eintragen, hochladen und bestätigen. Die dadurch individuell bereitgestellten QR-Codes ermöglichen durch zackiges Abscannen an den verschiedenen Einreisestationen eine schnelle Abfertigung der sonst eher nervenaufreibenden Prozedur. Mit altbekannter und erfrischender Höflichkeit winken uns zahlreiche Angestellte des Flughafenpersonals sicher und bestimmt durch den Flughafenkomplex. Nach ca. 20 Minuten inkl. Gepäckabholung (persönlicher Rekord) betreten wir nach vier Jahren Abstinenz offiziell wieder japanischen Boden.
Routiniert erledigen wir die klassischen Gänge, die wohl jeder Reisende kurz nach dem Flug erledigt haben möchte.
Step One: Geldautomat.
Step Two: Toilette.
Step Three: Mietwagen.
Eine entspannte halbe Stunde später später befinden wir uns erleichtert mit etwas Bargeld in der Tasche in unserem Mietwagen auf dem Weg in die Küstenstadt Ise. An den zahlreichen Convenience Shops à la 7Eleven oder Lawson kommen wir nicht vorbei. Das heißgeliebte Sushi 2 Go, das sich dort neben etlichen patschsüßen Backwaren in rauen Mengen erwerben lässt, zieht uns magisch an! 
Nach einer dreistündigen Fahrt und ein paar Sushirollen später erreichen wir erschöpft unser Hotel. Oyasumi (Gute Nacht).

Die Nacht war kurz. Der befürchtete Jetlag ist deutlich spürbar. Zeitgleich zur Japanischen Schlafenszeit klingeln in Deutschland die ersten Wecker und Hähne.

Die sonst so erholsame Nachtruhe ist aufgrund meiner aktuellen Schlaflosigkeit reine Zeitverschwendung und wir beschließen früher als geplant das Meoto Iwa, ebenfalls eines unserer Workshopmotive, anzufahren. Noch vor Sonnenaufgang angekommen erwartet mich diese friedvolle Atmosphäre wie ich sie nur aus Japan kenne. Das goldenes Morgenlicht deutet sich bereits an und unser fotografisches Objekt der Begierde wird im Hintergrund bereits umrahmt von zarten Bergrücken im Dunst des aufsteigenden Nebels, fast so als würde es für uns posieren. Die reinste Märchenwelt und so unfassbar authentisch, dass mein Herz schon beim Gehen höher schlägt. Ein Gefühl puren Glücks.
Hinter mir flitzen bereits ein paar muntere Mönche von Tempel zu Tempel und kümmern sich um die Sauberkeit des Areals und die Eröffnung der kleinen Tempelshops. Es gibt nichts Schöneres als dieses morgendliche Momente. Dann wenn Lieblingsorte erwachen.

Nach der erfolgreichen und entspannten Fotosession nehmen wir unser erstes Hotelfrühstück ein. Natürlich Asia-Style. Meine Stäbchen kreisen über einem Stück frischem Fisch, einer Schüssel Reis, viel exotischem Gemüse, ein paar Stücken Rührei und der klassischen Misosuppe. Herzhaft, warm und gesund. Einzig und allein der Kaffee ist zugegebenermaßen speziell. Für guten Kaffee ist Japan nicht bekannt. Das teeähnliche Gebräu zeigt erst nach der dritten Tasse Wirkung, was sich jedoch positiv auf meinen empfindlichen Magen auswirkt. Immer die Positive Seite betrachten.
Nach dem ausgiebigen Frühstück und nur wenigen Minuten Fahrt finden wir zu unserer Überraschung bereits unsere ersten, passend gesteckten Norifelder, deren ungefähre Standorte wir bereits vor der Reise in unserer Spotkarte markiert haben. Die wohl wichtigste Eigenschaft für ein passendes Feld ist eine saubere Gliederung und der Aufbau der gesteckten Stäbe zwischen denen sich die grünen Norinetze befinden. Je strukturierter der Aufbau desto fotogener wirkt das Feld auf dem Foto. Befinden sich zudem keine markanten Elemente im Hintergrund der Felder, ist das schon die halbe Miete. Während meines letzten Besuches im Jahr 2019 mussten wir mehrere Tage suchen um ein passendes Feld zu finden. Umso zufriedener sind wir, dass sich die erforderliche Suche als weniger aufwendig gestaltet als erwartet, um unseren Workshopteilnehmern nach Anleitung und Erklärung aller wichtigen Eigenschaften dieser Szene ein paar gelungene Fotos zu ermöglichen. Dieses Feld ist nicht das einzige geeignete Feld an diesem Tag, sodass wir recht zügig in Richtung Ōsaka aufbrechen um unsere Teilnehmer, die sich bereits alle auf dem Weg befinden, am nächsten Morgen auf dem Flughafen zu empfangen.

Ein Aufenthalt in Ōsaka ohne einen Besuch des berühmten Vergnügungsviertels Dotonbori? Ausgeschlossen! Dotonbori ist der Hotspot Ōsakas für alle Touristen und Nachtschwärmer schlechthin. Die meist engen Straßen dieses quirligen Viertels sind mit hell beleuchteten Neonreklamen, Clubs, Bars und Restaurants, in denen lokale Spezialitäten angeboten werden, gespickt. Hier lässt sich ein Paradies des Shoppings und der kulinarischen Genüsse hautnah erleben, das besonders nachts ein besonderes Erlebnis ist.

Wir lassen uns treiben und erkunden den Wahnsinn dieser fremden Welt. Ich ertappe mich selbst dabei, dass ich, vollkommen aus dem Häuschen, meinen Blick immer wieder hektisch von nach links und rechts werfe, weil innerhalb kürzester Zeit dutzende Eindrücke auf mich einprasseln, die ich nur schwer verarbeiten kann. Überall brodelt, zischt und dampft es. Menschenmassen schieben sich, meist genauso zappelig wie ich, durch die Straßen und lassen sich von den zahlreichen optischen und akustischen Reizen berieseln.

Was für ein Pulverfass denke ich mir. Spannend, anziehend und überfordernd zugleich übertrumpfen sich nicht nur die zahlreichen Eindrucke in ihrem Wahnsinn sondern auch das Publikum, das zu fortgeschrittener Stunde immer "lustiger" und lauter zu werden scheint. Die klassisch japanische Ausgeglichenheit ist dank Bier und Sake wie weggeblasen und weicht der ungehemmten Ausgelassenheit. Zahlreiche Klischees, wie sturzbetrunkene Geschäftsmänner, völlig überdrehte Anime- und Mangafans und zwielichtige, leicht bekleidete Amüsierdamen werden hier offenbar regelmäßig bedient. Was für ein Hexenkessel aus dem mich nur noch mein Bett locken kann. Während draußen fleißig bis in den Morgen gefeiert wird, entschwinde ich ins Land der Träume und freue mich auf den Beginn unseres morgigen Fotoworkshops.

Workshoptag 1
Pünktlich wie die Maurer landen unsere 6 Workshopteilnehmer in Japan, schlängeln sich gekonnt durch die Einreisekontrollen und werden von uns samt erhaltenes Gepäck in Empfang genommen.
Die ersten Stunden nach endlos erscheinender Flugzeit in einem fremden Land wirken sich erfahrungsgemäß sehr aufputschend auf den allgemeinen Zustand eines jeden Reisenden aus. Unsere Teilnehmer sind dementsprechend gut drauf und freuen sich auf einen ersten interessanten Abend im Herzen Kyōtos. Nach dem Einchecken führen wir unsere Teilnehmer als fotografischen Einstand zu einem der ältesten und bekanntesten Shintō-Schreine der Stadt. Dem Fushimi Inari-Taisha, der dem Kami Inari gewidmet ist und der Hauptschrein etwa einen Drittels aller Inari-Schreine in Japan darstellt. In munterer Gesprächslaune lassen unsere Teilnehmer die neuen, unbekannten Eindrücke auf sich einprasseln, machen sich mit den ersten Gepflogenheiten bekannt, schießen ein Foto nach dem Anderen und sind sichtlich beeindruckt von der von uns versprochenen friedlichen Atmosphäre, die an solchen Orten deutlich spürbar ist. Nach Sonnenuntergang leert sich der allseits beliebte Schrein und die letzten Fotos ohne die Vielzahl an durchlaufendem Publikum sind kurzerhand im Kasten.

Gegenüber unseres Hotels befindet sich eine kleine, traditionelle Ramenküche, deren Köchin uns sehr freundlich und in gebrochenem Englisch, das noch immer besser klingt als mein Japanisch, begrüßt. Dank einer nützlichen Übersetzungsapp lassen sich die kulinarischen Feinheiten der bilderlosen Speisekarte recht schnell erörtern und auf die geschmacklichen Vorlieben unserer zögerlichen Teilnehmer abstimmen. Ramen, eine traditionelle japanische Nudelsuppe, lässt sich in unzähligen Variationen finden. Die Flüssigkeit an sich basiert meist auf einer Fischsuppe, die mit verschiedenen Nudelsorten, z.B. Udon, Lauch, Zwiebeln und anderem Gemüse, mit Ei und je nach Wunsch mit etwas Hühner- oder Rindfleisch garniert wird. Zugegeben haben wir mit unserer Restaurantwahl an diesem Abend nicht jeden Geschmack getroffen, aber ein Besuch im benachbarten Convenience Store, hat auch den Letzten für die kommende Nacht zufrieden gestellt.

Mit einem letzten Blick auf das nächtliche Kyōto verabschiede auch ich mich erleichtert in die Nacht und hoffe, dass unsere Teilnehmer etwas Ruhe und Schlaf finden.

Workshoptag 2
Um unseren ersten Fotospot menschenlos fotografieren zu können, sind wir gezwungen den wunderschönen Bambuswald in Kyotos Westen gelegenen Bezirk Arashiyama noch vor Sonnenaufgang, also sehr sehr sehr früh, zu erreichen. Dieser kleine Wald zeichnet sich durch seine gigantischen Bambusstämme aus, die sich gleichmäßig über das komplette Gelände ziehen und nur durch wenige markante Bäume unterbrochen werden.

Die in blau-grün-türkis leuchtenden Stämme lassen unzählige kreative Kompositionen zu und nach kurzer Einweisung in die vorhandenen Möglichkeiten, gehen unsere Teilnehmer trotz schlafloser erster Nacht, sofort ans Werk.
Die Begeisterung äußert sich in lautem Staunen. Arashiyama ist immer wieder etwas ganz Besonderes. Kurz nach Sonnenaufgang erreichen die ersten Touristen den Zugang des Waldes, aber auch hier macht sich Höflichkeit breit. Viele warten geduldig bis unsere Fotogruppe alle Fotos im Kasten hat, und betreten erst dann den markanten Weg durch die Stämme.

Wie überall in Japan üblich hagelt es zahlreiche Verbeugungen und Domo Arigatos. Ein ausgiebiges Frühstück hat sich Jeder von uns wohlverdient. Typisch japanisch starten wir im Hotel mit Allem was das Herz begehrt. Selbst den wählerischeren Gästen werden hier die kulinarischen Wünsche von den Augen abgelesen. Pappsatt starten wir um Punkt 10:30 Uhr zu unserem nächsten Fotomotiv. Auf zu neuen Abenteuern. Die von uns bereits erkundeten Norifelder werden kurzerhand von uns angefahren und vorab besichtigt.

Da sich der ablaufende Wasserstand jedoch gerade auf einem sehr niedrigen Niveau befindet und wir mindestens einen Meter mehr Wasser benötigen, damit sich die feinen Stangen im Wasser befinden, überbrücken wir die Wartezeit mit der Besichtigung eines traumhaften Kirschblütenfeldes ganz in der Nähe. Aufgrund der angenehmen Temperaturen zwischen 16 und 18 Grad Celsius am Tage beginnt die Kirschblüte sogar eine Woche früher als vorhergesagt. Perfektes Timing, denn viele kirschblütenverrückte Japaner sind noch nicht auf die verfrühte Blütenpracht vorbereitet, was uns das Begehen dieses Felders erleichtert. Denn Hanami, also das alljährliche, traditionelle Kirschblütenfest, ist ein absoluter Höhepunkt im Leben eines jeden Japaners. Die von weiß über zartrosé bis zu einem kräftigen Pink gefärbten Blüten der massenhaft gepflanzten Zierkirschen werden aus jedem möglichen Winkel betrachtet, gemalt und fotografiert. Picknicken unter einem blühenden Kirschbaum ist absoluter Volkssport in Japan. Bewaffnet mit blauen Kunststoffplanen reservieren sich viele Japaner mit Vorliebe einen der begehrten Plätze unter den schönsten Kirschbäumen und suchen diesen in ihrer wenig Vorhandenen Freizeit auf um darunter in Gesellschaft zu speisen. Verlassene blaue Planen werden respektiert, da sich der "Besitzer" mit Sicherheit bald wieder einfinden wird. Was dem Deutschen die Handtücher auf den Liegeplätzen sind, sind den Japanern die blauen Kunststoffplanen. Mein persönlicher Höhepunkt ist allerdings ein am Rande platzierter älterer Mann, der mit Inbrunst das traditionelle Hanami besingt und ehrt. Mit Mikro und mobilem Lautsprecher beschallt der rüstige Sänger das komplette Kirschbaumfeld mit seinen zugegeben eher schrägen Tönen, die Dieter Bohlen wohl zur Weisglut treiben würden. Ich bin hellauf begeistert, denn solche Momente sind es, die dieses Land zu etwas ganz Besonderem und Einzigartigem machen. Unter unseren Teilnehmern befinden sich u.A. ein paar Makro- und Vogelfotografen, die hier voll auf ihre Kosten kommen und sich am Ende begeistert über die spontane Fotoausbeute zeigen.

Der frühe Nachmittag kündigt anschließend den sich erholenden Wasserstand an, sodass wir uns nach der kurzen Rückfahrt in unsere Gummistiefel schwingen und schnurstracks die feuchten Strandabschnitte bevölkern. Dank des riesigen Feldes mit einer Länge von mindestens 100 Metern können sich unsere Fotografen gut verteilen und sich ohne Rücksicht auf andere Fotobegeisterte kreativ ausleben. Es braucht nur etwas Licht im Rücken, ein wenig Wind und ein paar angedeutete Spiegelungen im Wasser, um Jeden aus unserer Fotogruppe glücklich zu machen. Dank des langsam ansteigenden Wasserspiegels hat Jeder genug Zeit um für ein perfektes Endergebnis alle fotografischen Schwierigkeiten direkt vor Ort zu klären und zu beseitigen.

Die Skepsis mancher Teilnehmer während der ersten Besichtigung des Feldes ist der Zufriedenheit dank guter Fotos gewichen. Besonders solche unscheinbaren Motive, die von Vielen gern übersehen werden, lassen sich neben den notwendigen Wetterkonditionen u.A. durch gekonnt gewählte Perspektiven und Standorte wunderbar in Szene setzen. Damit geht auch der zweite Workshoptag mit zufriedenen Gesichtern zu Ende und während eines gemütlichen Abendessens in der Küstenstadt Ise bereiten wir uns auf den kommenden Morgen vor, der aufgrund der vorhergesagten Lichtverhältnisse ebenfalls sehr früh starten wird.

Workshoptag 3
In alter Frische und mit etwas ausgeschlafeneren Teilnehmern erkunden wir diesmal in größerer Gruppe das Meoto Iwa, dass jeden Teilnehmer sofort begeistert. Ein wolkenloser Himmel kündigt das zauberhafte, warme Licht der aufgehenden Sonne hinter den Hügeln bereits an. Nach meinem obligatorisch, kreativen Input des geplanten Fotomotivs in Richtung aller Teilnehmer machen wir uns ans Werk.

Trotz des eher schlichten Himmels und des sich schnell verändernden Lichts haben wir genug Zeit damit ich jedem Teilnehmer in regelmäßigen Abständen über die Schultern schauen kann. Fotografische Probleme lassen sich immer am Besten vor Ort klären und beheben. Mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass wir diesen Ort so schnell nicht wieder besuchen werden, gibt sich Jeder besondere Mühe was die fotografische Ausbeute angeht. Als weiteres Motiv mit zahlreichen Kompositionsmöglichkeiten wartet ein zweites, sehr geeignetes Norifeld im Norden von Ise auf uns. Auch dieses riesige Feld eignet sich besonders aufgrund seiner ordentlich gesteckten Stangen, sodass sich wieder neue Bildkompositionen finden und umsetzen lassen.

Viele Leser werden jetzt wahrscheinlich mit dem Kopf schütteln, wenn ich mich über die regnerischen Wetterkonditionen an diesem Nachmittag freue, aber es gibt kein besseres Fotolicht, als während eines leichten Regenschauers. Ich gebe zu, dass ungeübte Fotografen im Regen schnell an ihre Grenzen stoßen können, da so gut wie jeder Handgriff eine dritte Hand erforderlich macht. Der Druck erhöht sich durch das Wasser von unten und die Gefahr einen Teil des zu meisternden Equipments schlichtweg fallen zu lassen. Der Regenschirm ist hier nur noch die Kirsche auf der Torte was die nervigen Faktoren betrifft, die schon den einen oder anderen Geduldsfaden haben reißen lassen. Die ersten fotogenen Elemente befinden sich ca. 50 Meter entfernt vom Strand, sodass wir recht weit entfernt mit dem Fotografieren beginnen und uns langsam aber sicher parallel zum sinkenden Wasserstand an die begehrten Norinetze herantasten.

Die Ungeduld und das Verlangen ein noch besseres Foto aus geringerer Entfernung zu schießen, lassen im Großteil der Gruppe die Ungeduld hochkochen. Wer sich jetzt zu voreilig in Richtung Netze bewegt, bekommt zwangsläufig nasse Füße in den Gummistiefeln. Per Kommando nähern wir uns langsam Schritt für Schritt, während uns das Wasser bis kurz unter den Stiefelenden steht. Einzelne Wellen schaffen es leider auch in meine Stiefel, sodass ich nach gut zwei Stunden "planschen" mit guten Fotos und nassen Hosen den Strand verlasse. Was freue ich mich auf eine warme Dusche! Da unser Bedürfnis nach etwas zu Essen größer ist, als unser Hotel, werden Prioritäten gesetzt. Mit vollem Magen einchecken ist wesentlich entspannter. Unsere dritte Nacht verbringen wir in einem wunderschönen Hotel nahe Nagoya. Langsam aber sicher verkraften Alle die Zeitverschiebung von 8 Stunden und schlafen nach einem weiteren ereignisreichen Tag die erste Nacht komplett durch.

Workshoptag 4
Etwa eine Stunde Fahrt liegen bereits hinter uns und wir nähern uns unserem morgendlichen Fotospot, dem wir uns das allererste Mal widmen wollen. Entdeckt haben wir Jōriku daishi-zō auf der Suche nach potentiellen Motiven im Internet und sofort war klar, dass dieser Spot nicht nur uns, sondern auch unsere Kursteilnehmer beeindrucken wird. Ich war dementsprechend aufgeregt und neugierig und wurde auch hier nicht enttäuscht.
Die Statue Hijirisaki Joriku Daishi-zo wurde zu Ehren des berühmten buddhistischen Mönchs Kukai errichtet, der an dieser Stelle vor langer Zeit an Land gegangen sein soll.

Eigenlob mag stinken, aber das Timing hätte kaum besser sein können. Ein dickes Regengebiet zog über uns hinweg und erzeugte, während wir bereits im Trockenen standen, im Hintergrund einen wunderschönen Dunstschleier, der die Berge mal mehr mal weniger im dicken Grau verbarg. Sehr stimmungsvoll und genau nach meinem Geschmack.

Auch während unseres 2. Besuchs im September machte unser Mönch zum Sonnenaufgang eine ganz besondere Figur. Kurz vor Sonnenaufgang begann der Himmel regelrecht zu brennen. Die rechts aufgehende Sonne zauberte ein regelrechtes Flammenmeer am Himmel und der steinerne Mönch ermöglichte uns neben ein paar gelungenen Fotos eine großartige Erinnerung, die wohl Niemand von uns so schnell vergessen wird.

Im Hotel ist Frühstückszeit. Genau richtig jetzt. Sich nach einem Erfolgserlebnis an den frisch gedeckten Tisch setzen, runter kommen und die tollen Momente nochmals Revue passieren lassen, ist ein Geschenk in meinen Augen. Warum kann eigentlich nicht jeder Tag so beginnen?
Hier endet vorerst der erste Teil meines Reiseberichts. Fortsetzung folgt ...