Daniel vom Fotoatelier Berlin und ich haben uns spontan auf Entdeckungsreise in die Böhmische Schweiz gemacht. Freitag Nachmittag den Wochenendstau in Richtung Dresden umfahren und aushalten ist schon eine Kunst für sich, sodass wir von Berlin aus anstatt 3 Stunden gute 5 Stunden gebraucht haben um unser Hotel im kleinen Ort Hřensko, kurz hinter der deutschen Grenze gelegen, erreicht haben. Hřensko (deutsch Herrnskretschen) liegt in einem kleinen, bewaldeten Tal das von der Edmundsklamm durchzogen wird. Durch diese Klamm fließt die Kamnitz, die später in die Elbe mündet. Bekannte Wahrzeichen der Umgebung sind z.B. das Prebischtor, der Marienfels und der Herrenhausfelsen (Panská skála).
Ein Tag in der Böhmischen Schweiz - anders, unbekannt und doch irgendwie vertraut
Im Hotel angekommen schlingen wir uns die böhmische Hausmannskost herunter. Es ist bereits 20:30 Uhr und mir fallen die ersten Unterschiede zu der nahe gelegenen Sächsischen Schweiz auf. Der tschechische Teil des Elbsandsteingebirges wirkt mit seinen zahlreichen kleinen Fachwerk- und Holzhäuschen sehr urig teilweise und wie aus einer anderen Zeit. Dazu kommt die gastfreundlichere Atmosphäre der Tschechen. In der Sächsischen Schweiz scheint es fast unmöglich ein Restaurant zu finden, in dem es nach 20 Uhr noch ein Abendessen auf den Teller gibt. Hier in Hřensko scheint das kein Problem. Die Restaurants sind rammelvoll. Die Stimmung ist ausgelassen und entspannt. Es gibt ganz traditionell Schweinegulasch mit Klößen. Ärgerlich, dass keine Zeit zum genießen bleibt aber die untergehende Sonne wartet nicht auf uns. Panská skála soll unser erster Anlaufpunkt sein um während des Sonnenuntergangs zu fotografieren. Dieses Naturdenkmal steht inmitten tschechischer Felder und ragt empor wie der Devils Tower aus dem Film „Begegnung mit der dritten Art“. Fehlt nur noch ein Ufo aber wir haben ja Zeit zum warten.
Diese Basalterhebung ist vulkanischen Ursprungs und grenzt an einen kleinen See, der durch Regenwasser gespeist wird.Nun aber hurtig. Wir rauschen mit fast 80 Sachen durch die kurvige Landschaft um noch rechtzeitig am Spot zu sein. Der Stau hat unfassbar viel Zeit gefressen, sodass wir uns beeilen müssen. 15 Minuten vor Sonnenuntergang entdecken wir die charakteristische Felsformation an der Hauptstraße. Wichtig zu wissen ist, dass jeder Besucher vor oder während des Besuchs in Tschechien ein paar Euros in Kronen eintauschen sollte. Der Parkautomat schluckt ausschließlich tschechische Kronen und Parkplätze außerhalb dieser kostenpflichtigen Abstellflächen sind hier sehr rat gesät.
Jetzt noch schnell einen geeigneten Standort suchen und ab geht die Post. Um nicht wie ein überdrehtes Frettchen auf Futtersuche umherzurennen um einen geeigneten Standort zu finden ist es empfehlenswert mindestens 30 Minuten vor Sonnenuntergang vor Ort zu sein und sich gegebenenfalls im Internet mit dem Spot vertraut zu machen. Wo steht wann die Sonne? Von wo lohnt es sich heranzufahren um Zeit zu sparen? Wie ist eigentlich das Wetter und wird es einen schönen Sonnenuntergang geben? Dieses knappe Ankommen ist definitiv ein schlechtes Beispiel für optimales Fotografieren, aber ich habe mich bereits vorher über diesen Fotospot erkundigt und wusste wo ich mich positionieren werde.
Ich klettere, mache und tue und am Ende habe ich das was ich wollte. Trotz der Eile. Mit einem Schulterklopfer geht‘s zurück ins Hotel. Der nächste Morgen startet früh. Um 3:30 Uhr ist Abfahrt! Nochmal Panská skalá, diesmal zum Sonnenaufgang. Der Wind weht, die Frisur sitzt. Die Spiegelung ist kaputt geweht und kalt ist es auch noch. Hunger, Durst, müde, pipi. Was mich nicht umbringt macht mich stark. Ich warte. Trotze aller nerviger Begierden wie einem warmen Bett, Kaffee und etwas Rührei. Die Sonne schießt über den Horizont, wirft für ganze zwei Minuten etwas Licht an den Felsen und verschwindet kurz danach hinter einer großen Wolke. Ganze zwei Minuten später schieße auch ich los ins warme Auto. Auf zum Hotel schreie ich! Schnell!
Angekommen geht es hastig zurück ins Bett. Frühstück gibt es erst in zwei Stunden. Die Zeit nutze ich sinnvoll indem ich meine Eindrücke so gesund wie möglich verarbeiten kann. Im Schlaf.
Nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg hinunter zur Kamnitz, die durch den sattgrünen Edmundsklamm in die Elbe fließt.
Der Abstieg über Felsen, Stufen und Wurzeln dauert ca. 30 Minuten. Unser Ziel ist ein kleines Holzhäuschen direkt am Fluss, das mich etwas an den Film „Cabin in the woods“ erinnert. Hoffentlich wird mich nur die Optik an diesen Streifen erinnern, denke ich mir. Angekommen am Spot macht uns die Sonne einen Strich durch die Rechnung. Alle Wolken sind Weg und die Sonne wirft ihr unerwünscht hartes Licht direkt ins Tal. Wir planen am Nachmittag wiederzukommen, da sich ein weiteres dickes Wolkenband aufbaut, das sich nachmittags vor die Sonne schieben soll. Also geht´s den gleichen Weg wieder nach oben. Das Alter, die müden Knochen und der fehlende Schlaf machen sich bemerkbar. Aus geplanten 30 Minuten Aufstieg werden 50 Minuten. Was kann es gesünderes geben als die eben erfassten Eindrücke zu verarbeiten? Richtig, Schlaf. Ich lege mich ein zweites Mal an diesem Tag hin und es ist noch nicht mal 12 Uhr. Gefühlt ist der Tag für mich bereits vorbei.
Frisch ausgeschlafen um 15 Uhr machen wir uns bereit für einen erneuten Besuch bei der Cabin in the woods. Das Licht passt perfekt. Keine extremen Schatten und Lichter mehr. Die Spiegelung des Gewässer wirkt sauber. Dieses Mal hat sich der Weg gelohnt, denn das Foto ist im Kasten. Nun heißt es nochmal alle Kräfte zusammennehmen und den Aufstieg heraus aus dem Tal wagen. Von Stufe zu Stufe kommt es mir vor, als würden diese höher und höher werden. Irgendwann ist es geschafft. Am Auto angekommen beschließen wir zu einem der bekanntesten Aussichtspunkte der Böhmischen Schweiz zu fahren. Mariina skalá, der Marienfels, auf dessen Spitze sich eine kleine Hütte befindet. 1856 wurde dort oben ein Holzhäuschen zur Brandwache errichtet, das 2006 durch einen Waldbrand stark beschädigt wurde, sodass die jetzige Hütte eine Neuere ist, die der alten aber sehr ähnelt. Die Spuren des Waldbrandes sind noch immer sichtbar. Viele tote Bäume sowie viele junge, kleine Bäume säumen unseren Weg. Der Aufstieg ist anspruchsvoll und einer der anstrengendsten, den ich bis jetzt mitgemacht habe aber zugleich ist der Weg wunderschön. Es geht stets steil bergauf über Stock und Stein, durch kleine Felsschluchten, über Treppen und Felsvorsprünge bis wir die auf 428 Metern gelegene Hütte nach guten 45 Minuten erreicht haben.
Der Ausblick ist grandios. Auch hier werden Unterschiede zur Sächsischen Schweiz sichtbar, denn der Böhmischen Schweiz fehlen die markanten Felsformationen und Tafelberge, die in der Sächsischen Schweiz von überall sichtbar sind. Das tut der Schönheit Tschechiens aber keinen Abbruch.
Der Ausblick ist grandios. Auch hier werden Unterschiede zur Sächsischen Schweiz sichtbar, denn der Böhmischen Schweiz fehlen die markanten Felsformationen und Tafelberge, die in der Sächsischen Schweiz von überall sichtbar sind. Das tut der Schönheit Tschechiens aber keinen Abbruch.
Die Hütte auf dem Marienfels ist trotz des anstrengenden Aufstiegs Treffpunkt vieler Besucher von jung bis alt. Während unseres Besuchs warten sogar mehrere Personen auf die Nacht, die sie hier oben in Schlafsäcken verbringen möchten. Wer die reine Stille über den Wipfeln der Bäume sucht wird an diesem Ort sicher nicht fündig aber der Ausblick entschuldigt das. Ich kann trotz des Lärms der anderen Besucher, die irgendwann sogar ihre Drohnen auspacken und fliegen lassen weil es noch nicht laut genug ist, die Seele baumeln lassen und entspannt auf die Dämmerung warten. Die Wolken stehen hoch und in Richtung Sonnenuntergang befindet sich kein störendes Wolkenband, das das Farbenspiel verhindert. Ein gutes Zeichen für ein sattes Abendrot. Um kurz nach neun ist es soweit. Die Sonne färbt die Umgebung in ein warmes Orange und zeigt was sie kann. Die Farben sind unfassbar schön und für einen Moment herrscht Stille. Alle Besucher verweilen bei diesem Anblick und es scheint sie finden für einen Augenblick zu sich zurück. Leider schiebt sich kurz danach ein schmales, kaum erkennbares Wolkenband vor die Sonne, dass das Abendrot nur sehr schwach sichtbar macht, sodass der Lärm von Neuem beginnt. Dennoch hat sich der Aufstieg mehr als gelohnt.
Mit dem Ende des Tages endet auch unser Besuch in der Böhmischen Schweiz und ich kann mit Gewissheit sagen, dass dieser Besuch nicht der Letzte war. Die Böhmische Schweiz wird in meinen Augen stark unterschätzt und ist definitiv einen Besuch wert! Bis bald liebe Böhmische Schweiz, wir sehen uns bald wieder.